Es ist ein kalter Herbsttag in Wien und ich bin mit meiner Freundin Anna zum Lernen verabredet. Urgh, Philosophie. Schon in der Schule mir ein Gräuel konnte es nicht wirklich besser werden. Dachte ich. Aber schon beim ersten Durchlesen der aristotelischen Weltanschauung begann ich mich auf unser philosophisches Treffen zu freuen.
Ein weltoffenes Café
Als Basis haben wir uns auf das Weltcafé geeinigt, welches in der Schwarzspanierstraße gleich hinter der Votivkirche liegt. (Übrigens auch eine der schönsten Kirchen der Stadt) Es existiert seit 2005 und wurde schnell zu einem beliebten Szenelokal für Studenten und weltoffenen Besuch.
Das wahrhaft Besondere an diesem Café ist aber die Tatsache, dass alle Speisen, alle Getränke, jeder Inhaltsstoff und jedes Gewürz bio und fair trade sind! Auf ihrer Website bezeichnen sie sich selbst als: “Vorzeigebetrieb, der wirtschaftlich rentabel mit ethischen Grundsätzen arbeitet, Sprachrohr des “fairen” Gedankens.”
Wo also könnte man besser einen Blog schreiben, der sich mit genau diesem Thema befasst? Wie schön, Kaffee zu trinken, wissend, dass ein Bauer dafür ganz normal bezahlt wurde. Und auch zum Philosophieren lässt sich schwierig ein angenehmerer Ort finden.
Gemütlich und “laut”
Das erste, was Anna bei ihrem Eintreffen bemerkt ist: “Ah, super. Es ist so angenehm laut.” Was sie meint: Überall wird geredet, und das in einer Lautstärke, in der man sich noch super gegenseitig versteht und normal reden kann, ohne, die Sitznachbarn zu stören.
Es gibt im vorderen Bereich vor der Bar normale Tische mit Sesseln und einen hinteren Bereich, bestehend aus Sofas und Couchtischen entlang der Wände, die zum Hinfallen, ausruhen, genießen und einfach gemütlich sein aufrufen. Wir nehmen Platz, bestellen einen Häferlkaffee (große Tasse Milchkaffee) und beginnen zu lernen …
Aristoteles und das Glück
Der erste Philosoph, über den wir für diesen Kurs der klassischen Philosophie lernen müssen, ist Aristoteles. Bei ihm geht es vor allem um Glück und wie ein jeder Mensch es erreichen kann. Das Spannende: Für Aristoteles ist das Glück kein kurzer Moment der Freude, sonder ein Leben des Mittleren, voller Tugenden und guter Taten, für das man immer arbeiten muss.
Diesen Gedanken habe ich schon vor meiner Lern-Session weiter ausgeführt: Der Fluch der Menschheit ist es doch, nicht zu wissen, warum man lebt. Ich meine, was für einen Sinn hat das Leben im Endeffekt? Eigentlich ist es ja egal. Das heißt, die einzige Antwort darauf kann nur sein: Der Grund zu leben ist einfach das Leben selbst. Und das wiederum bedeutet, ein möglichst schönes, glückliches Leben zu führen.
Bin ich vielleicht doch nicht so weit von Aristoteles’ Einstellung entfernt? Ein Leben lang und durch das Leben selbst immer wieder Glück zu erfahren, ist das das Ziel? Was zu der Frage führt, was Glück ist.
Aber diese Frage lasse ich dich vielleicht einfach für dich selbst beantworten. Glück ist doch für jeden etwas anderes. Manchmal ist es ein besonders gutes Essen, manchmal die Prüfung, die man geschafft hat! Für mich ist es oft eine kleine Teezeremonie.
Manchmal reicht für ein wenig Glück das Lächeln einer Fremden auf der Straße oder ein wenig Hilfsbereitschaft untereinander. Also, wenn du deinem Leben etwas Sinn geben willst, dann mach es dir und deinen Mitmenschen verdammt noch mal schön!
Mein Pullover / alt, Second Hand (von Sisley)
Annas Pullover / Forever 21