Während ich am Frühstückstisch Zeitung lese und White Earl mit Milch schlürfe, überfällt mich plötzlich die Lust auf Schokolade. Auf richtig gute Schokolade. Ich verschlucke mich an meinem Tee und muss an Zotter denken. Der hat doch in der Steiermark seine Fabrik. Ganz in meiner Nähe! Aufgeregt stehe ich auf und schütte dabei meinen Tee auf die Zeitung. Egal! Ich will Schokolade.
So, oder so ungefähr beginnt also mein Ausflug. Nachdem ich die Spuren meines Frühstücks beseitigt habe, informiere ich mich auf der Website und melde mich dort gleich für eine Führung durch das SchokoLaden-Theater an. Das ist absolut empfehlenswert! Die Führung lohnt sich wirklich, genau, wie das im-Internet-bestellen; es ist immer sehr viel los.
Entspannt zwischen Hügeln und Wäldern macht Zotter faire Schokolade.
Die Schokoladenfabrik liegt mitten in der sanften, hügeligen Steiermark, dem grünen Herz Österreichs. Falls man mit dem Elektroauto kommt, gibt es auf den Parkplätzen übrigens kostenlose Tankmöglichkeiten. Schnell ist man vom Parkplatz beim Eingang der Schokoladenfabrik und man glaubt gar nicht, dass dieser moderne Komplex ehemals ein Stall der Eltern von Zotter war, in den er gezogen war, als das junge Unternehmen damals nicht so rosige Zeiten durchmachte. Das hat sich mittlerweile aber geändert; Der Umsatz des Unternehmens betrug 2014/15 20 Millionen Euro. Und das zu Recht!
“In Deutschland und Österreich ist Zotter der einzige Hersteller unter den Top 25 [der besten Chocolatiers der Welt] und nach wie vor der Einzige, der ausschließlich Bio und Fair produziert.”
Und das merkt man an jeder einzelnen Tafel Schokolade. Gleich zu Beginn begleiten wir Josef Zotter in einem unfassbar gut gemachten Film auf einer seiner vielen Reisen zu den Kakaobauern, wo er zu fairen Bedingungen handelt. Ich war von einigen Sprüchen von ihm selbst, aber vor allem von seiner Frau sehr gerührt. Man kauft ihnen ihre Begeisterung für Umweltschutz und fairen Handel nicht nur ab, er wirkt ansteckend!
“Wir haben nur diese eine Welt.” Das vertritt Zotter mit seinen Produkten, nach innen und außen hin. Dass eine Tafel dieser Schokolade dreimal so teuer ist, wie beispielsweise Milka (die übrigens zu KRAFT Food (Amerika) gehörte), darf daher nicht verwundern. Aber vergleichen kann man hier sowieso nichts; Zotter verwendet nur Bio-Zutaten, seit einiger Zeit weniger Zucker (aber nur natürliche Alternativen) und kreiert immer neue Ideen, die sich sehen lassen können. Erst 2007 erweiterte der Entrepreneur die Schokoladenmanufaktur um 18 Millionen Euro, um das Konzept “Bean-to-Bar” einbringen zu können, was nichts anderes bedeutet, als dass jetzt JEDER einzelne Schritt am selben Ort passiert. Damit ist Zotter absolut unabhängig und vermeidet auch noch unnötige, weite Produktionswege. Zotter bekommt die Bohne und die restlichen Zutaten geliefert und stellt seine 365 verschiedenen Sorten von der Bohne zur Tafel am selben Ort her. Bewundernswert!
Verkostung der Extra-Klasse!
Bei der Führung durch die Manufaktur kommt man nicht umhin, dutzende Sorten an Schokolade zu kosten. Als kleiner Tipp für Anfänger: Von Beginn an schön aufteilen, es wird sonst zu viel und wir wollen die ganze Schokolade ja in uns behalten. Man steigt natürlich ganz vorne, bei den Zutaten ein. Hast du schon mal Süßmolkepulver gekostet? Es steht zwar auf jeder Schokolade drauf, aber wusstest du, dass es total salzig schmeckt? Magermilchpulver? Kokosblütenzucker? Hier gibt es alles! Gedankenverloren knabbere ich an einer Kakaobohne aus Kolumbien und schütte mir Rohrohrzucker in den Mund. Lecker! Die anderen Teilnehmer meiner Gruppe sind schon weit voraus, aber ich verweile gerne ein bisschen länger, lasse alles auf mich wirken. Durch die großen Glasscheiben auf dem Weg durch die Manufaktur kann man in die gesamte Produktion Einblick erhalten. Man sieht riesige Maschinen und Arbeiter, die Schokolade schmelzen, rühren und schöpfen.
Vorbei an Schokoladenbrunnen in unterschiedlichsten Farben (von denen man natürlich ebenfalls naschen kann), komme ich schon bald zu den fruchtigen Freuden dieser schokoladigen Welt: Ananas, Mango, Banane, Himbeere! Fruchtschokoladen! Nicht Schokolade gefüllt mit Frucht; ganze Tafeln an fruchtigen Schokoladen. Und von jeder Sorte kannst du dir hier in coolen Apparaten ein Stück abbrechen und essen. Nein, nicht essen, schreit Zotter von einem Hinweisschild entgegen; im Mund schmelzen lassen! Nur so genießt man richtig.
Na gut, seufze ich. Ich versuche es. Aber nach der ersten Schmelzung ist der gute Vorsatz schon wieder vergessen. Das dauert zu lange, denn von hinten kommt schon die nächste Gruppe, die mich langsam einholt. Ich werfe böse Blicke auf die Leute hinter mir, die sich rasend schnell vollstopfen, grapsche mir die restlichen Sorten zusammen und verlasse den Raum.
Zotter macht Spaß! Schokolade macht Spaß!
Wahnsinn! Im nächsten Raum geht eine Seilbahn mitten durchs Zimmer! Freudig erregt laufe ich hierhin und dorthin, bestaune die Plattenspieler, auf denen sich runde Tafeln Schokolade drehen (Mitzi Blue), und schnappe mir dann eine Bananenmilch aus der Schoko-Seilbahn. An der Bar wird mir frische, heiße Milch gereicht und ich kann mir meine eigene Trinkschokolade zubereiten!
Die Führung dauert noch eine ganze Weile. Ich schlendere vorbei an Nougatsorten und rolle mir Schoko-Bolleros in den Mund, bis ich schließlich zur Running-Chocolate komme. Ich nehme an, du warst schon einmal running sushi essen. Nicht? Nun, auf einem Förderband läuft Sushi an dir vorbei und du kannst dir davon runternehmen, was du möchtest. Jetzt stell dir das Ganze mit Schokolade vor, et voilá! Ein krönender Abschluss. Hier laufen all die handgeschöpften Schokoladen durch und ich koste und esse, was das Zeug hält. Verfeinert mit Chili, gelierten Erdbeeren oder Schoko Minze? Hier ist tatsächlich für jeden etwas dabei.
Noch etwas frische Luft und Entspannung im Grünen.
Was noch dabei ist, ist ein Eintritt in den Essbaren Tiergarten. Gleich nach der Running Chocolate der nächste Schritt. Ja, tatsächlich; Zotter besitzt auch noch eine Erlebnis-Bio-Landwirtschaft mit Streichelzoo, Gummistiefel-Olympiade, Tiergarten-Twitter (ich bin übrigens auch auf twitter), Riesenrutsche und Ideenfriedhof. Wenn du nach der ganzen Schokolade noch Lust auf etwas Pikantes hast, das ist der Ort dafür. Warme Mahlzeiten aus dem dortigen Restaurant bieten den perfekten Ausgleich! Natürlich stammt das Fleisch in der hiesigen “EssBar” aus der eigenen Landwirtschaft, vielleicht war es sogar die Ziege, die du gerade gestreichelt hast. Nun, zumindest weißt du jetzt, dass es ihr gut ging, als sie noch lebte. Aber bevor ich hier noch makabrer werde, entlasse ich dich jetzt wieder in die Außenwelt. Mit einem abschließenden Bild, das eigentlich alles über meinen Ausflug sagen sollte.
Ganz ehrlich, wenn du die Gelegenheit dazu hast; schau bei Zotter vorbei. Er und seine Schokoladen sind es wert!
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